Gewerbeflächenstudie

Zwischen Überfluss und Angebotsqualität

Der Regionalverband Mittlerer Oberrhein hat im Frühjahr 2005 eine Befragung bei seinen 57 Gemeinden zur Verfügbarkeit von Industrie- und Gewerbeflächen durch­geführt. Erstmalig besaß die Region damit eine aktuelle Übersicht der Gewer­beflächenentwicklung in den letzten zehn Jahren, der planungsrechtlich gesicherten und noch wichtiger, der z. Zt. marktverfügbaren Gewerbeflächen. Zusätzlich sind die „Wünsche“ bzw. weitergehenden Planungen der Gemein­den abgefragt worden. Auf diese Ergebnisse der Studie wird im Nachfolgenden näher einge­gangen und den Schlussfolgerungen nachgegangen, die daraus für die zukünftige regionale Entwick­lung zu ziehen sind.

Gewerbegebiet

Zum Flächenumfang

Ein regionsweites quantitatives Gewerbeflächendefizit war 2005 bei einem planungsrechtlich gesicher­ten Gewerbeflächenpotenzial von ca. 960 ha für die nächsten Jahre nicht zu erkennen. Rechnet man auch noch die weitergehenden Planungen ein, so stehen in der Region ca. 1450 ha Flä­chen zur Disposition. Allerdings gibt es teilräumliche Unterschiede. So besitzen einige, vor allem kleinere Gemeinden, großzügige Reserven, andere Kommunen hingegen haben kaum noch Entwicklungsreserven. Dies gilt und galt vor allem für Orte, die beispielsweise aufgrund topographischer Bedingungen oder rechtlicher Hindernisse kaum noch Flächen ausweisen können. Auch die in der Region tatsächlich marktverfügbaren Flächenreserven fielen mit ca. 280 ha deutlich knapper aus, als dies das Gesamtangebot vermuten ließ.

Für den Regionalverband bedeuteten diese Fakten, über die zukünftige strategische Aus­richtung der gewerblichen Entwicklung der Region intensiv nachzudenken. Beispielsweise kon­nten die gewonnenen Erkenntnisse für die Bestimmung standortgünstiger, gewerblicher und in­dustrieller Schwerpunkte verwendet werden. Die Umfrageergebnisse waren zudem geeignet, die Entwicklung von Gewerbeflächen unter Berücksichtigung verschiedenster Raumansprüche auf der Ebene Regionalplanung/ Flächennutzungsplanung effektiver als bisher abzustimmen.

Der Regionalverband ist auch der politischen These nachgegangen, dass mehr und neue Ge­werbeflächen mit der positiven Entwicklung von Arbeitsplätzen und Gewerbesteueraufkommen gleichzusetzen sind. Diese einfache Formel ließ sich klar widerlegen. Bei einem Abgleich des Gewerbeflächenverbrauchs mit weiteren Entwicklungsindikatoren, etwa den sozialversiche­rungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort oder der Gewerbesteuerentwicklung, zeigte sich vor allem, dass gemeindespezifische Besonderheiten die Gewerbesteuerentwicklung vor allem die Bestandspflege und die Beschäftigtenzahl am Arbeitsort sowohl positiv als auch negativ mitbe­stimmt haben.

Die Region Mittlerer Oberrhein ist eine Wachstumsregion mit beachtlicher Wirtschaftskraft. Diese positive Erkenntnis muss aber nuanciert werden. So gibt es trotz einer insgesamt stabilen Arbeitsmarktlage in der Region im Hinblick auf die Wirtschaftszweige in den letzten 10 Jahren höchst unterschiedliche Entwicklungsverläufe. Während die Anzahl der Arbeitsplätze vor allem im Dienstleistungssektor erfreulicherweise deutlich stieg, musste im Bereich des produzierenden Sektors in fast gleichem Umfang Arbeitsplatzabbau hingenommen werden. Für die weitere Ge­werbeflächenentwicklung ist auch wichtig: Bedarf es in der Region der Ausweisung spezifischer Standorte, orientiert an den Bedürfnissen der unterschiedlichen Wirtschaftszweige?

Im Zuge der Globalisierungsdebatte ist auch daran zu erinnern, dass die Wirtschaft und mit ihr die Arbeitnehmer ihren Aktionsradius erheblich erweitert haben. Die Gewerbeflächenpolitik ist aber nach wie vor stark kommunal orientiert. Vielfach wird argumentiert, dass Wettbewerb zwi­schen den Kommunen zu besseren Lösungen beitrage. Sicher ist der Wettbewerb die Triebfeder unseres Wohlstands; es gibt aber auch Konkurrenzsituationen, die nur zweit- oder drittbeste Lösungen hervorbringen, Hier wird der Schritt in die angemessene größere Einheit, in die Re­gion, nicht gemacht.

Konsequenter Weise müssen in einem nächsten Schritt zusätzliche Erkenntnisse vor allem im Dialog mit den Wirtschaftsförderungsgesellschaften gewonnen werden. Die eine Seite der Me­daille ist die beschriebene ausreichende Quantität – in Teilen sicher auch Überangebot - an Flä­chen, die andere die der Qualität der Gewerbeflächen. Hier stellen sich viele interessante Fra­gen: Sind wir im Wettbewerb der europäischen Regionen richtig aufgestellt? Orientieren sich die verfügbaren Flächen tatsächlich an den Bedürfnissen der Wirtschaft, sind sie vielleicht zu stark kommunal zersplittert und zu wenig transparent? Allzu oft sind Flächen nur geplant, aber nicht verfügbar gemacht. Wie steht es um die professionelle Vermarktung der Flächenangebote? Diese Fragen möchte der Regionalverband zusammen mit anderen Partnern zum Wohle der Region beantwortet wissen.